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Form vollendet

Brustimplantate – was Sie darüber wissen sollten

Veröffentlicht am 08.01.2021

Schädlich oder harmlos? Beim Thema Brustimplantate herrscht Verunsicherung. Einen Überblick über die positiven und kritischen Aspekte der Brustchirurgie mit Silikonimplantaten gibt nachfolgend Dr. med. Colette C. Camenisch.

 

Über Brustimplantate lässt sich sehr vieles berichten – und jede bzw. jeder hat eine Meinung dazu. Für die einen sind sie nichts als „künstliche Silikonberge“. Andere wiederum sind unendlich dankbar dafür, ihre Brust rekonstruieren lassen zu können und erfreuen sich dann an ihrer neu erworbenen oder wiedererlangten Weiblichkeit.

 

Wann ist ein Brustimplantat sinnvoll?

Erwachsene Frauen mit einer unterentwickelten Brust – Mikromastie oder Hypoplasie genannt, einer angeborenen Asymmetrie oder einer tubulären Brust („Rüsselbrust“) machen den grössten Anteil der potenziellen Kundinnen aus. Wir sehen aber auch viele Patientinnen nach abgeschlossener Familienplanung, deren Brust nach längeren Stillperioden schlaff und kraftlos wirkt.

 

Die Brust wieder aufbauen

Patientinnen nach einer ein- oder beidseitigen Brustentfernung nach Brustkrebs kommen auch für eine Rekonstruktion mit einem Silikonimplantat infrage, mit oder ohne zusätzlichem Eigengewebe von Rücken oder Bauch. Dies sind sicherlich die wesentlichen und besten Indikationen für eine Brustvergrösserung (Mammaaugmentation) mit einem Implantat.

Brustkrebspatientinnen können nach einer Mastektomie ihre Brust mit Implantaten oder Eigenfett wieder aufbauen lassen

Brustkrebspatientinnen können nach einer Mastektomie ihre Brust mit Implantaten oder Eigenfett wieder aufbauen lassen

Welches Brustimplantat sollte man wählen: Kochsalz- oder Silikonimplantate, runde oder tropfenförmige?

Definitive Implantate gefüllt mit Kochsalz werden in Europa kaum verwendet. Wenn überhaupt, verwenden Chirurgen auffüllbare Kochsalzimplantate mit einer stabilen Silikonhülle als sogenannte Expander(-Implantate). Diese werden bei Rekonstruktionen zum Ausdehnen der Brust nach Krebsoperationen oder bei angeborenen Störungen wie der tubulären Brust verwendet. Nach einigen Monaten bzw. wenn die gewünschte Expansion (Ausdehnung) erreicht wurde, werden diese Implantate wieder entfernt und durch ein definitives Silikonimplantat ersetzt. Mit Silikon gefüllte Implantate zeigen einen hohen Tragekomfort, sind weich und heutzutage von einer so hohen Qualität, dass man sie kaum mehr durch das Brustdrüsengewebe hindurch spürt oder sieht. Sie sind den Kochsalzimplantaten auf jeden Fall vorzuziehen, die hart und ballonartig aussehen. Wer sich mehr Betonung im oberen Bereich („Oberpol“) wünscht, sollte ein rundes Implantat wählen. Patientinnen, die es sehr natürlich mögen, wählen oft tropfenförmige Implantate, die sich anatomisch perfekt an den Brustkorb anpassen und somit kaum auffallen.

 

In bester Lage

Wo soll das Implantat zu liegen kommen: unter oder auf dem Muskel?

Für den Spezialisten ist es oft schwierig, Patientinnen mit einer vorgefassten Meinung zu beraten. Viel zu oft hört man Aussagen wie „Ich will die gleichen Implantate wie meine Freundin“, obwohl besagte Dame 30 Zentimeter grösser und 20 Kilogramm schwerer ist. Oder es fallen Sätze wie „Ich will die Implantate unter dem Brustmuskel“, obwohl die Dame nicht weiss, welche Indikation für eine Lage auf oder unter dem Muskel besteht. Jedes Implantat muss dem Brustkorb (Thorax) und der Brustbeschaffenheit individuell angepasst werden. Wenn man genug Eigengewebe hat und eine stabile, schöne Form, kann das Implantat auf den Muskel zu liegen kommen. Ist die Patientin sehr schlank und kann mit dem eigenen Brustdrüsengewebe das Implantat nur ungenügend bedecken, besteht insbesondere im oberen Bereich („Oberpol“) die Gefahr, dass der Implantatrand zu sehen ist – das wirkt dann eher unnatürlich. Es gibt auch berufliche und sportliche Aspekte, die man bei der Implantatlage berücksichtigen muss: Intensives Klettern, Schwimmen oder Tennisspielen wird mit einem subpektoralen (unter dem Muskel liegenden) Implantat sehr schwierig, da die Kraft des Brustmuskels durch die Operation deutlich geschwächt wird. Der plastische Chirurg sollte daher die Patientin vor einem Eingriff unbedingt umfassend informieren.

 

So könnte es aussehen

Kann man eine Brustvergrösserung im Vorfeld simulieren?

Tatsächlich lässt sich die bevorstehende Operation technisch simulieren, z. B. mit dem Crisalix-System. Dabei werden Fotos eingescannt oder mit dem Handy hochgeladen und innerhalb weniger Minuten bearbeitet. Danach kann die Brustgrösse sowie die passende Form – rund oder tropfenförmig, im Fachjargon „anatomisch“ genannt – ausgewählt werden. In einer speziellen 360°-Simulation kann die Patientin das Resultat von allen Seiten betrachten. Auch verschiedene T-Shirts und ausgewählte Bikinis können simuliert werden, sodass sie dank dieser 3-D-Simulation ein relativ aussagekräftiges Bild bekommt, wie sie nach der Operation aussehen könnte.

Ganz zentral und entscheidend für eine gelungene Brustvergrösserung ist es, sich im Vorfeld ausführlich zu informieren und beraten zu lassen. Bei Bedarf sollte auch eine Zweitmeinung eingeholt werden

Ganz zentral und entscheidend für eine gelungene Brustvergrösserung ist es, sich im Vorfeld ausführlich zu informieren und beraten zu lassen. Bei Bedarf sollte auch eine Zweitmeinung eingeholt werden

Mögliche Komplikationen

Was sind die allgemeinen Risiken eines solchen Brusteingriffs?

Bei einer Brustvergrösserung mit Implantaten kann es zu den üblichen chirurgischen Komplikationen kommen. Dazu gehören lokale Nachblutungen, Infektionen, Wundheilungs- und Sensibilitätsstörungen besonders im unteren Bereich der Brust. Auch unschöne Narbenbildungen, z. B. hypertrophe Narben und Keloide, können Wochen nach der Operation auftreten.

 

Welche spezifischen Probleme können die Implantate auslösen?

Die Brustimplantate können wandern („migrieren“) und dann zu hoch oder zu tief liegen, was zu einem unschönen Erscheinungsbild führt. Dieses Problem lässt sich meist nur durch eine erneute Operation beheben. Zu den Langzeitkomplikationen gehören sogenannte Low grade Infections, die auch Jahre nach der Operation plötzlich – häufig jedoch ausgelöst durch eine vorangegangene Grippe oder eine bakterielle Infektion – eine Kapselfibrose verursachen können. Diese „Verkapselung“ verformt das Implantat und kann mit Rötungen, einem Druckgefühl und Schmerzen einhergehen. Antibiotika und abschwellende Massnahmen helfen in dieser Situation in der Regel nicht und das Implantat inklusive der Kapsel muss operativ entfernt werden.

In ganz schlimmen Fällen (sehr selten) kann und darf erst nach mehreren Monaten ein neues Silikonimplantat eingesetzt werden. Weitere Risiken sind die Sichtbarkeit des Implantates sowie Asymmetrien. Denn nicht immer lassen sich bestehende anatomische Unregelmässigkeiten mit einem Implantat ausgleichen.

 

Nach dem Eingriff

Welche Regeln müssen nach einer Operation befolgt werden?

Auf jeden Fall muss sich die Patientin nach dieser Operation schonen. Ausserdem sollte sie ca. sechs Wochen lang Tag und Nacht einen Sport-BH tragen. Auf sportliche Aktivitäten und Saunieren sollte während dieser Zeit komplett verzichtet werden. Zudem darf die Patientin keine schweren Lasten tragen – speziell bei Implantaten, die unter dem Brustmuskel liegen. Ansonsten kann sich das Silikon verschieben.

 

Kann ein Brustimplantat Blutkrebs auslösen?

Diverse Medien haben hierzu in den vergangenen Monaten unkorrekte Informationen verbreitet und zu sehr viel Verunsicherung beigetragen. Laut der Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn existiert ein sehr geringes, aber dennoch nicht auszuschliessendes Risiko, nach einer Brustoperation mit einem makrotexturierten Brustimplantat an einem sehr seltenen anaplastischen Grosszel l-Lymphom (BIA-ALCL) zu erkranken.

Das Risiko hierfür liegt bei 0,00002 Prozent, das sind beispielsweise in Deutschland 12 dokumentierte Fälle auf weltweit über 35 Millionen Operationen. Mit anderen Worten: Ja, es ist möglich, aber das Risiko ist dennoch extrem gering und fast immer mit einer chronischen Kapselfibrose (Verkapselung) assoziiert.

 

Ist die radiologische Brustkrebsvorsorge nach dem Eingriff noch möglich?

Selbstverständlich ist die Brustkrebsvorsorge nach der Operation nicht beeinträchtigt. Ultraschalluntersuchungen durch Gynäkologen oder Radiologen können problemlos durchgeführt werden. Auch ein MRT (Magnetresonanztomographie) ist eine sehr sensitive Möglichkeit, um eventuell vorhandenen Brustkrebs und andere brustspezifische Probleme bildlich darzustellen.

 

Von begrenzter Dauer

Hält ein Silikonimplantat lebenslang?

Nein, mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht. Meistens treten nach ca. 20 Jahren sogenannte Materialschäden auf, das heisst, die Oberfläche des Implantates löst sich langsam auf, die Formstabilität nimmt ab und Silikonfragmente können an die direkte Umgebung (Kapsel) abgegeben werden. Dass jedoch freie Silikonteile im Körper „umherschwimmen“, konnte bisher noch nie bewiesen werden.

 

Welche Voraussetzungen sollte die Patientin mitbringen?

Sie darf nicht schwanger sein, muss mindestens neun Monate abgestillt haben und in naher Zukunft keine Familienplanung in Betracht ziehen. Die Brust verändert sich in der Schwangerschaft, sie wird grösser, schwerer und nicht selten leiden die Frauen an Brustdrüsenentzündungen – alles sehr ungünstige Voraussetzungen für eine geplante Brust-OP. Das Wichtigste ist jedoch, dass sich die Frau vor einem Eingriff gut informiert und bei Bedarf auch eine Zweitmeinung einholt. Die richtige, ehrliche Kommunikation zwischen Chirurg und Patientin ist quasi schon die halbe Operation!

Der beliebteste Beauty-Eingriff weltweit

Laut Marktforschungs-Institut Statista sind chirurgische Eingriffe zur Brustvergrösserung (in der Regel mit Silikon) mit rund 1.87 Millionen weltweit die populärsten Beauty-OPs. Platz eins in der Länderstatistik belegen die USA, gefolgt von Brasilien, Russland und Mexiko. In Europa werden die meisten Brustvergrösserungen in Deutschland durchgeführt, Rang zwei belegt Italien. Für die Schweiz werden keine separaten Zahlen aufgeführt. Der Verband Swiss Plastic Surgery (www.plasticsurgery.ch) schätzt die Gesamtzahl an ästhetisch-plastischen Eingriffen in der Schweiz im Jahr 2018 auf etwa 60.000. Experten sehen es als kritisch, dass sich zunehmend junge Menschen für die Schönheit operieren lassen und fordern, dass dies auch in der Schweiz erst ab 18 Jahren erlaubt sein soll.

 

 

 

Autorin:

Dr. Med. Colette C. Camenisch ist Fachärztin FMH für Allgemeinchirurgie sowie Fachärztin für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Sie arbeitet als selbstständige Schönheitschirurgin an der Clinic Beethovenstrasse mit Kernkompetenz ästhet. und plast. Chirurgie.

KONTAKT:

info@colette-camenisch.com

 

 

 

Text: Dr. Med. Colette C. Camenisch

Fotos: stock.adobe.com (5), Dr. Med. Colette C. Camenisch (1)

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