Relax-Pflege
«Rescue for your skin» – Was tun, wenn die Haut brennt, gerötet ist, juckt und man am liebsten buchstäblich aus ihr herausfahren möchte? Zwei erfahrene Hautexpertinnen verraten, worauf es bei der Behandlung ankommt.
Wie kommt es dazu, dass immer mehr Menschen eine leicht reizbare, sensible Haut haben? Was dahintersteckt ist vielschichtig. Häufig liegt ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren vor, man spricht dann von einem multifaktoriell verursachten Zustand.
Die Haut kann genetisch bedingt «empfindlich» sein. Zu Grunde liegt eine gestörte Hautbarriere. Dadurch ergibt sich ein erhöhter Feuchtigkeitsverlust, der auch an der Haut messbar ist als erhöhter transepidermaler Wasserverlust (TEWL). Die Folge ist eine trockene Haut. Zudem können durch die Störung der Barriere Reizstoffe deutlich einfacher in die Haut eindringen und so schneller Irritationen auftreten. Als Folge der gestörten Hautbarriere können sogar Hauterkrankungen wie Ekzeme entstehen. Aber auch durch falsche Reinigungs- und Pflegeprodukte (z. B. stark entfettende Tenside, falsche Produktgrundlagen für den Hauttyp) kann die hauteigene Barriere ins Ungleichgewicht kommen, was eine irritierte, empfindliche Haut begünstigt.
Bei der Neurosensitivität (vom altgriechischen Neuron = Nerv) liegt eine sehr niedrige Toleranzschwelle der Haut vor. Das bedeutet, dass äusserlich einwirkende Reize stärker wahrgenommen werden und die Haut schnell in einen «unrelaxten» Zustand gerät. Hinzu kommt eine gesteigerte Nervenreaktion der Haut, wodurch die ohnehin schon stärker wahrgenommenen Reize zu einer gesteigerten Antwortreaktion führen. Im Akutfall wird oft durch nur einen einzigen Trigger-Faktor eine ganze Kaskade von Reaktionen ausgelöst.
Gereizt oder entzündet?
Die Folge sind sichtbare und/oder fühlbare Hautreaktionen, die auch unabhängig voneinander auftreten können:
- Sichtbar durch Rötungen, Schwellungen oder eine Abschuppung der Haut bis hin zu Hautentzündungen.
- Fühlbar durch Juckreiz, Brennen, Kribbeln, Missempfindungen oder Spannungsgefühle.
Ist die Kosmetikerin mit solchen akuten Reizzuständen konfrontiert, muss sie zunächst gut abgrenzen können, ob die Haut gereizt bzw. irritiert ist oder ob tatsächlich schon eine Hautentzündung in Form eines Ekzems vorliegt. Ekzeme gehören zu den Hauterkrankungen und können daher nicht kosmetisch behandelt werden. Dann sollte besser an einen Dermatologen verwiesen werden. Ekzeme können ärztlich gut mit lokalen Kortisonpräparaten therapiert werden. Diese Behandlungen erfolgen in der Regel jedoch nur kurzzeitig, bis die akute Entzündung gebessert ist. Das hat den Vorteil, dass Nebenwirkungen einer längerfristigen Anwendung, wie z. B. dem «dünner werden» der Haut, vorgebeugt werden kann. Genauso wichtig ist jedoch, die Hautbarriere frühzeitig wieder aufzubauen bzw. zu stärken.
Irritierte und gereizte Haut kann frühzeitig durch kosmetische Pflege sehr gut positiv beeinflusst werden. Wichtig ist, dass die Profis darin gut ausgebildet sind.
Mit Fachkenntnis ans Ziel
Oftmals ergeben sich zwischen Kosmetikerin und Dermatologen gute Synergien. Denn ist eine akut entzündliche Haut mit dermatologischer Hilfe erst einmal «eingestellt», kann durch geeignete Pflege langfristig ein guter Zustand der Haut erhalten werden. Wichtig ist, dass die Profis darin gut ausgebildet sind. Denn sowohl die Anatomie der Haut spielt eine grosse Rolle als auch die Einstufung von Krankheiten und ergänzenden Möglichkeiten in der Kosmetikkabine. Um sicher und erfolgreich bei irritierter Haut behandeln zu können, sind zudem gute Kenntnisse der Produktgrundlagen sowie ihrer Wirkmechanismen von grosser Bedeutung.
Vor allem dermatologische Pflegelinien bieten zahlreiche Produkte für empfindliche Haut, vor allem aber Soforthilfe (SOS-Lösungen) bei irritierter, gereizter Haut, damit diese möglichst rasch wieder in ihr natürliches Gleichgewicht zurückfindet. Die Kernaufgaben solcher Produkte sind zu beruhigen, zu entspannen, Irritationen, Trockenheit und Missempfindungen zu mindern und die Hautbarriere zu stabilisieren.
Durch innovative Kombinationen aktiver Wirkstoffe und eine optimale Grundlage können mit kosmetischer Pflege Reaktionen wie Rötungen, Spannen und Brennen der Haut verringert werden, oftmals sogar mit Soforteffekt. Reaktive Haut benötigt schnelle Entspannung – und entsprechende Produkte müssen wohlüberlegt entwickelt werden. Für die Galenik, also die Art der Grundlage, eignen sich hierbei am besten angenehm leichte Konsistenzen. Schon dadurch wird die Haut sofort besänftigt und gekühlt. Mit abgestimmten Formeln lässt sich ein schweres Hautgefühl, eine zu starke «Abdichtung» der Haut sowie ein okklusives Wärmegefühl wie z. B. bei fettreichen Cremes vermeiden.
Bei Produkten genau hinschauen
Die Grundlagen sollten auf irritierende Stoffe mit einem erhöhten Allergiepotenzial verzichten, damit das ohnehin «unentspannte» Hautbild nicht noch mehr aus dem Gleichgewicht gerät. Dass die INCI-Listen der geeigneten Produkte ohne Farbstoffe, allergiepotente Duftstoffe, Parabene, Mineralöl und PEG-Derivate auskommen, versteht sich daher von selbst, ebenso sollte die gute Hautverträglichkeit bestätigt sein. Diese sollte für Akutpflege an einem Panel mit ausschliesslich sensibler Haut nachgewiesen werden.
Mögliche «Haut-Aufreger»
Leicht reizbare, irritierte, empfindliche oder auch neurosensitive Haut ist inzwischen ein weitverbreitetes Problem. Betroffene reagieren mit starken Hautreaktionen sowohl
- auf äussere (exogene) Einflüsse wie Wind, Wärme, Kälte (Temperaturschwankungen), Textilien (Wolle), Inhaltsstoffe von Kosmetika, Nikotin und mechanische Reize
- als auch auf innerliche (endogene) Reize, wie z. B. psychische Belastung oder Stress.
Empfehlenswerte Wirkstoffe für gestresste Haut
Auf der Wirkstoffseite eignen sich für Relax-Pflege als Problemlöser vor allem traditionelle Substanzen, die allerdings sehr innovativ kombiniert werden können. Ziel sollte es sein, die Haut zu beruhigen und ihre Barriere zu stabilisieren. Dies kann z. B. mit Wirkstoffen erfolgen, die nachweislich eine Verminderung des transepidermalen Wasserverlusts bewirken. Extrakte, die aus bewährten Heilpflanzen für sensible Haut bestehen, können wie eine «Feuerwehr» gegen vorübergehende, aber auch dauerhafte Irritationen wirken:
- Gotu Kola (Centella asiatica), Süssholz (Glycyrrhiza glabra), grüner Tee (Camellia sinensis), japanischer Staudenknöterich (Polygonum cuspidatum) oder Helmkraut (Scutellaria baicalensis) sind nur einige der bewährten SOS-Pflanzen. Sie haben u. a. eine entzündungshemmende und immunmodulatorische Wirkung und können Hautirritationen und Juckreiz auf natürliche Weise rasch lindern.
- Die Ballonrebe (Cardiospermum halicacabum) wird sogar pharmazeutisch bei juckendem, allergischem Hautausschlag eingesetzt. Auch in kosmetischen Mitteln macht man sich die hervorragende anti-entzündliche, reizmindernde Wirkung dieser Pflanze seit vielen Jahren mit grossem Erfolg zu Nutze. Ihre Eigenschaften werden den hohen Anteilen an Phytosterolen (z. B. ß-Sitosterol, Campesterol) und Triterpenen zugeschrieben. Durch ihre entzündungs- und Juckreizhemmende Intensivwirkung ist die Ballonrebe auch bekannt als «pflanzliches Kortison».
- Für einen sofortigen Hautkomfort und damit einen Relax-Effekt erlebt aktuell ein Trendwirkstoff ein wirkliches «Revival»: Squalan stärkt die geschwächte Hautbarriere, ist feuchtigkeitsbewahrend, glättend und verbessert den Hautkomfort nahezu sofort. Das Besondere: Squalan hat eine sehr starke Ähnlichkeit zum hauteigenen Squalen (ungesättigte Fettsäure, Bestandteil des Sebums) und wird daher besonders gut vertragen. Somit ist es ein idealer Wirkstoff zur Pflege sensibler, reaktiver Haut.
Dr. med. Christine Schrammek
Die Geschäftsführerin der Dr. med. Christine Schrammek Kosmetik GmbH ist Dermatologin und Allergologin. Als Anti-Aging-Expertin entwickelt sie Behandlungsmethoden, u. a. die Kräuterschälkur «Green Peel».
Christina Drusio ist Teil der Inhaberfamilie und Mitglied der Geschäftsleitung der Dr. med. Christine Schrammek Kosmetik GmbH. Die Fachärztin für Dermatologie und Venerologie ist als Expertin zum Thema Haut eine geschätzte Referentin bei internationalen Vorträgen und Seminaren.
www.schrammek.de
Text: Dr. med. Christine Schrammek, Christina Drusio
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