DAILY BUSINESS

Treue Kunden

Die Kundenbedürfnisse sind nie gleich. Dabei spielt die Lebensphase eine wichtige Rolle. Von Teenie bis Senior, von Pubertät über Berufskarriere und Schwangerschaft bis hin zum Renteneintritt – bieten Sie stets das Passende!

Veröffentlicht am 22.09.2021

Mitwachsen: Auch treue Kunden verändern sich

Es ist immer wieder faszinierend – Sie sehen sich Fotos an, das Bild Ihrer besten Freundin aus Jugendtagen, dann als Frau und Mutter mit 30 Jahren. Die gleiche Frau, die selbstbewusst und engagiert mit 40 eine neue Karriere plant, mit 50 Sport zu treiben beginnt und gar nicht mehr so viel Wert darauf legt, wie andere sie sehen. Und dann heute!

So geht es einem auch mit vielen Kunden. Sie kamen als Teenager mit Unreinheiten und Pusteln und sind heute um die 50. Andere kamen mit 30 Jahren, weil sie die ersten Fältchen sahen oder das Hautbild sich stark verändert hatte – heute, mit 60, freuen sie sich auf ihre Wohlfühlbehandlung. Jeder Altersabschnitt stellt die Kosmetikerin vor andere Aufgaben. Entscheidend ist, sich weitgehend in die Kundin einzufühlen und darauf zu achten, was die Kundin sich jetzt gerade wünscht. In meiner Praxis erlebe ich häufig, dass die Kunden ihren Fokus manchmal z. B. auf die im Augenblick besonders trockene Haut legen. Ein anderes Mal geht es wieder ausschliesslich um Erholen, Relaxen – um Atem für die Seele.

 

Immer erst das Ziel klären

Da die meisten Kunden ihren nächsten Termin bereits im Anschluss an die Behandlung ausmachen, hilft ein Vorgespräch, die heutigen Bedürfnisse und den aktuellen Behandlungsablauf direkt zu klären. Manchmal ist auch während der Behandlung erkennbar, dass für das nächste Mal ein anderer Ablauf einzuplanen ist. Schauen wir uns doch einmal die verschiedenen Lebensabschnitte unserer Kunden an.

Unreinheiten, Komedonen und Pusteln sind für Jugendliche der häufigste Grund, zur Kosmetikerin zu gehen. Oftmals sponsern die Eltern den Besuch im Institut. In den Sitzungen geht es dann darum, vorsichtig zu behandeln, ohne dass es von den jungen Kunden als zu schmerzhaft empfunden wird, die richtigen Produkte für zu Hause zu empfehlen und die Abfolge/Anwendung der Pflege und Präparate zu besprechen.

Teenager können Sie mit einer guten Beratung auf Augenhöhe früh an sich binden und diese dann auch weiter begleiten

Teenager können Sie mit einer guten Beratung auf Augenhöhe früh an sich binden und diese dann auch weiter begleiten

Die Beraterrolle einnehmen

Gehen Sie auf absolute No-Gos ein, also z. B. darauf, warum man nicht selbst mit ungewaschenen Fingern an «Pickeln» herumdrücken sollte. Geben Sie Tipps zum Abdecken der Unreinheiten und zeigen, wie man geschickt ein kleines Make-up für den Abschlussball der Tanzstunde auftragen kann. Wenn der Teenager seine Akne los ist und die Haut oft lange Zeit überhaupt keine Probleme gemacht hat, besucht diese junge Kundin Sie manchmal sporadisch: sei es, weil sie das Bedürfnis nach Pflege hat oder mal wieder einige Unreinheiten sichtbar sind.

Dann kommen der Beruf, häufig der erste eigene Haushalt und irgendwann eine Schwangerschaft. Dann ist die Kosmetikerin die Ansprechpartnerin, zu der man schon einmal Vertrauen gefasst hatte. Auch bei einer Schwangerschaft sind es zumeist Hormonschwankungen, die «frau» häufig in Bedrängnis bringen.

Für alle Hauttypen ist dann eine gründliche, sanfte Reinigung wichtig: mit einer Reinigungsmilch mit rückfettenden Eigenschaften. Die Tagespflege muss Fett und Feuchtigkeit enthalten und dem Hauttyp entsprechen. Bei fettiger Haut kann es helfen, von Zeit zu Zeit eine Hefepackung aufzutragen. Einen Würfel Backhefe mit etwas warmem Wasser zu einem dickflüssigen Brei verrühren, auf das Gesicht auftragen und nach etwa fünf Minuten mit lauwarmem Wasser abspülen. Eine getönte Tagescreme, Kajal, Wimperntusche sowie ein Klecks Lipgloss reichen meist als Make-up aus. Werdende Mütter sind auch dankbar für eine Beratung, wie sie ihren wachsenden Bauch z. B. gut pflegen können, um mögliche Striae (Schwangerschaftsstreifen) zu verhindern. Auch das Angebot, während der Schwangerschaft zu einer entspannenden Körper-Aromamassage kommen zu können, wird gerne angenommen. Am besten zeigen Sie Ihrer Kundin das Seitenschläferkissen, auf das sie sich während der Massage «rollen» kann. Damit sieht die Kundin, wie entspannt auch in Seitenlage massiert werden kann.

 

Wiedereinstieg in den Beruf

Wenn die Kinder dann in Hort, Kindergarten oder Schule gut untergebracht sind und die Kundin wieder ganz oder teilweise in den Beruf einsteigt, ist es attraktiv, wenn Sie für die Kundin an ein bis zwei Tagen in der Woche abends die Möglichkeit für kurze Behandlungen anbieten. Vielleicht kann sich Papa in dieser Zeit eine Stunde um den Nachwuchs kümmern, damit Mama Raum für eine Auszeit hat. In dieser Phase empfiehlt es sich auch, sehr intensiv zu Heimpflegeprodukten zu beraten. Die tägliche Pflege, aber auch das regelmässige Ritual, abends gelegentlich ein wohltuendes Bad zu geniessen, dabei eine Gesichtspackung aufzutragen und danach ein Hautöl mit entsprechenden Zusätzen in die Haut einzumassieren und den aromatischen Duft tief einzuatmen, führen zu Entspannung und Wohlbefinden.

Sind die Kinder dann einigermassen selbstständig, steigen viele Frauen noch einmal richtig in den Beruf ein. Manchmal lockt etwas völlig Neues, von dem sie sich angezogen fühlen. Ihr Selbstbewusstsein und das Gefühl, nochmals richtig durchzustarten, spiegelt dann auch ihre Ausstrahlung wider. Gesicht und Mimik lassen deutlich erkennen: «Hier bin ich!»

Die Haut ist dann schon gelegentlich trocken, Fältchen zeigen sich und der Stress tut sein Übriges. Jetzt ist Zeit für einen regelmässigen Besuch bei der Kosmetikerin, für Kurbehandlungen und eine entsprechende Körperpflege. Für viele Frauen ist es selbstverständlich, wieder regelmässig Sport zu treiben, um fit zu bleiben. Die Aufgabe der Kosmetikerin ist es zu beraten, welche Behandlungen die Haut in welchen Zeitabständen braucht, welche Präparate eventuell zusätzlich in Frage kommen und wie häufig eine regelmässige Fuss- und Nagelpflege angebracht ist. Es kommt auf den Beruf an – doch viele Frauen ab dem 30. Lebensjahr tragen auch gerne ein komplettes Tages-Make-up, das im Laufe des Tages nur durch ein kurzes Nachpudern oder neuen Lippenstift ergänzt werden muss. Hier bietet sich eine Make-up-Beratung an, die gerne auch mit einigen Freundinnen zusammen gebucht wird, z. B. als Abend-Event. Machen Sie daraus eine fröhliche Veranstaltung, bei der sich die Frauen gegenseitig ermuntern, unterstützen und ermutigen können.

Wer diesen Make-up-Abend in seinem Institut anbietet, kann dabei auch verstärkt auf das Thema Farb- und Stilberatung aufmerksam machen. Oft herrscht in diesem Bereich grosse Unsicherheit. Die vielen Modefarben verführen häufig dazu, dass Kundinnen Kleidung kaufen, die dann im Schrank hängt, weil «frau» sich darin gar nicht wohlfühlt. Bei der Farb- und Stilberatung kann man dann sehr schnell klarmachen, warum man sich in bestimmten Kleidungsstücken nicht wohlfühlt und wie sich Fehlkäufe zukünftig vermeiden lassen.

Mütter mit kleinen Kindern z. B. haben wenig Zeit für Pflege-Auszeiten, geniessen diese dafür aber umso mehr. Gehen Sie darauf ein

Mütter mit kleinen Kindern z. B. haben wenig Zeit für Pflege-Auszeiten, geniessen diese dafür aber umso mehr. Gehen Sie darauf ein

Die Frau im Mittelpunkt

Die letzten zehn bis 15 Jahre des Berufslebens sind oft geprägt von extremer Leistungsbereitschaft. Frau muss sich stets weiterbilden und soll möglichst immer gut aussehen. Der Kontakt zu den verschiedensten Generationen gleicht manchmal einer Achterbahnfahrt. Zu Hause können manchmal schon Enkel vorhanden sein, der Sportverein fordert heraus, die Partnerschaft muss gepflegt werden und dabei will jede Frau auch noch Zeit für sich und die eigenen Bedürfnisse haben. Ideal ist es dann, sich wenigstens einmal im Jahr ein paar Tage nur für sich zu gönnen. Die einen zieht es in eine Wellness-Oase, andere wollen wandern oder Radfahren, wieder andere nur spazieren gehen, schlafen und lesen. Unterstützen Sie Ihre Kundin in diesem wichtigen Selbstfindungsprozess. Vielleicht können Sie ihr Vorschläge aus eigenen Erfahrungen heraus machen. Raten Sie ihr auch, sich nicht zu überfordern oder utopische Ziele zu verfolgen. In der Kosmetikkabine ist es jetzt an der Zeit, über ein neues Make-up nachzudenken. Die schicke Brille macht z. B. ein anderes Augen-Make-up erforderlich, weil die Gläser die Augen bei Kurzsichtigkeit verkleinern oder bei Weitsichtigkeit vergrössern. Es muss also genau darauf geachtet werden, wie breit der Kajal aufgetragen wird, welche Farben der Lidschatten hat und wo helle und wo dunkle Nuancen verwendet werden. Manche Frauen tragen immer noch ihre glänzenden Lidschattenfarben aus Jugendtagen. Zeigen Sie ihnen mit Feingefühl, warum Glanzeffekte die Falten verstärken und wie viel vorteilhafter matte Farben aussehen.

 

Sich selbst wertschätzen

Wenn Frauen in Rente gehen, sprechen wir manchmal von «Silver Agers». Früher waren Frauen mit 60 alt. Sie legten keinen grossen Wert darauf, in der Gesellschaft zu agieren. Das ist heute anders. Ganz viele Frauen engagieren sich politisch und gesellschaftlich im eigenen Umfeld, sie arbeiten ehrenamtlich oder gehen noch einmal ganz neue Aufgaben an, zu denen sie bisher keine Zeit gefunden haben. Frauen sehen in diesem Alter nicht nur verdammt gut und gepflegt aus, sondern behaupten sich durch ihr erworbenes Wissen und Durchsetzungsvermögen. Diese Frauen pflegen sich aus der Überzeugung, etwas Gutes für sich selbst zu tun. Für Sie gilt es hier ganz besonders darauf zu achten, welche Wünsche Ihre Kundin hat. Ich habe viele Kundinnen, die sich dann regelmässig die verschiedensten Anwendungen gönnen. Bleiben Sie aufmerksam, zeigen Sie immer wieder Ihr gesamtes Behandlungsspektrum. Denn auch mit über 80 wollen Frauen gutaussehend älter werden.

 

 

 

 

Waltraud Kehl ist seit 1991 selbständige Kosmetikerin, spezialisiert auf Naturkosmetik. Sie hat eine Ausbildung als Aroma- und Naturkosmetikerin, Drogistin, Farb- und Stilberaterin sowie als Visagistin und Reiki-Meisterin. Zudem ist sie langjährige Autorin von KOSMETIK international.

waltraudkehl@t-online.de

 

 

 

Text: Waltraud Kehl

Fotos: stock.adobe.com (3), Waltraud Kehl (1)

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