Garantiertes Wachstum
Naturkosmetik ist auch weiterhin weltweit gefragt
Die Zeichen stehen auf Zuwachs: Natürliche und naturnahe Kosmetik liegen im Trend – und das wird sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern. Karin Heinze wirft einen Blick auf die Marktentwicklung.
Nachhaltigkeit, Natürlichkeit, Kein-Plastik, Rettung des Planeten, Fridays-for-Future- Bewegung – in diesem Kontext entwickelt sich Naturkosmetik prächtig. Immerhin passen viele dieser Anliegen und Trends genau zu den Werten einer Branche, die seit Jahren Zuwächse verzeichnet. Laut dem Marktforschungsinstitut IRi Information Resources hat sich der Sektor der echten Naturkosmetik zu einer beachtlichen wirtschaftlichen Grösse entwickelt. Dieser weist einen Marktanteil von gut vier Prozent, einen Zuwachs von neun Prozent im Jahr 2019 und ein Volumen von knapp 90 Millionen Franken auf. Wachstumspotenzial ist vorhanden. Das zeigt ein Blick nach Deutschland. Dort macht der Detailhandel mit natürlicher Kosmetik 1,2 Milliarden Franken Umsatz. Das entspricht einem Marktanteil von 8,5 Prozent. Dabei profitiert Naturkosmetik von Megatrends, denn Nachhaltigkeit und Gesundheitsaspekte motivieren immer mehr Käufer dazu, Naturkosmetik- Marken den klassischen Brands vorzuziehen. Die Trend- und Nachhaltigkeitsexpertin Mirja Eckert, Inhaberin der Firma The New und Nachfolgerin von Elfriede Dambacher bei Naturkosmetik Konzepte, formuliert es so: „Durch den Einfluss von Megatrends wie Gesundheit und der steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeit gerät der Erhalt der Natur immer mehr in den Fokus unserer Gesellschaft und macht sich u. a. durch ethischen Konsum bemerkbar. Davon profitiert Naturkosmetik.“
Mirja Eckert und Elfriede Dambacher gehen davon aus, dass auch in Zukunft von diesem Segment positive Zuwächse und Neukunden zu erwarten seien. Dabei liessen sich die Käufer von Naturkosmetik nicht in einzelne sozio-demografische Zielgruppen einordnen, vielmehr gehe eine nachhaltige Lebenseinstellung quer durch alle Bevölkerungsgruppen.
Die Trends und Innovationen auf der internationalen Naturkosmetik-Leitmesse Vivaness bestätigten, dass die Themen Natur und Nachhaltigkeit weiter im Fokus bleiben. Am Neuheitenstand waren jede Menge Produkte von Herstellern zu entdecken, die versuchen, so wenig Müll wie möglich zu verursachen – Stichwort „Zero Waste“. Das steht auch im Zusammenhang mit „Zero Water“: Eine ganze Reihe von Innovationen kommt in fester Form daher – von der Deo-Creme über den Dusch- und Shampoo-Bar bis hin zur Zahnputztablette und natürlich die gute alte Seife in vielen neuen Varianten. Feste Produkte lassen sich schliesslich viel einfacher umweltfreundlich verpacken – es reicht im Idealfall Papier. Glas ist ebenfalls im Kommen, beliebt sind Verpackungen im Apotheken-Style. Wenn es denn der Kunststoff PET sein muss, greifen viele Hersteller zu kompostierbaren oder hundertprozentig recycelbaren Materialien oder „Ocean Plastic“– Altplastik, das z. B. an Stränden aufgesammelt und recycelt wird.
Nachhaltige Kriterien
Eine sehr grosse Übereinstimmung der Konsumenten bei den Kriterien für die Auswahl einer Marke und eines Produkts zeigte sich bei den Ergebnissen der IRi European Shopper- Studie. Hierfür wurden 3.300 Konsumenten in sieben europäischen Ländern befragt. Über 70 Prozent der Teilnehmer waren sich einig, dass Fairness, Integrität, Transparenz und Umweltbewusstsein des Herstellers ausschlaggebende Kriterien für ihre Produktwahl sind. Als ebenfalls sehr wichtig stuften die Verbraucher die Verwendung umweltfreundlicher Verpackungen ein. Moritz Aebersold, Inhaber der Schweizer Consulting-Firma Contura – Sustainable Business Consulting, beobachtet die Entwicklung der Naturkosmetik-Märkte in Europa und weltweit. In seiner Betrachtung auf dem Naturkosmetik-Branchenkongress im September 2019 in Berlin zeigte er die Aufteilung des europäischen Marktes auf: Deutschland verzeichnet mit einem Marktanteil von 28 Prozent den höchsten Umsatz für Naturkosmetik und naturnahe Kosmetik in Europa – mit einem Volumen von 2,8 Milliarden Franken. Danach folgen Frankreich mit 1,75 Mrd. Franken (18 Prozent), England mit 1,55 Mrd. Franken (15 Prozent) und Italien mit 1,25 Mrd. Franken (zwölf Prozent). Am EU-Gesamtkosmetikmarkt weist kontrollierte Naturkosmetik zusammen mit naturnaher Kosmetik bereits einen Anteil von zwölf Prozent auf. Das internationale Marktforschungsinstitut Grand View Research sieht wegen des anhaltenden Trends zur Natürlichkeit kein Ende des Allzeit-Hochs. Die Marktforscher prognostizieren in ihrer Studie „Global Organic Personal Care Market“ für die nächsten fünf Jahre einen Zuwachs des globalen Umsatzes mit Bio-Kosmetik auf 23 Milliarden Franken. Im Jahr 2018 schätzte das auf Bio und Nachhaltigkeit spezialisierte britische Unternehmen Ecovia den weltweiten Umsatz mit kontrollierter Naturkosmetik auf gut zehn Milliarden Franken. Während Marktexperten bislang immer von einem globalen Wachstum bei echter Naturkosmetik von drei bis vier Prozent ausgingen, schaffte der Weltmarkt 2018 ein Plus von rund sechs Prozent im Beauty- Segment. Die positive Entwicklung des deutschen und weiterer europäischer Märkte dürfte diese Zahl bereits deutlich in Richtung der 25 Milliarden- Marke verschoben haben.
Aussereuropäische Entwicklung
Trotz eines Zuwachses von 13 Prozent in 2018 bleibt der Umsatz für kontrollierte Naturkosmetik in den Vereinigten Staaten mit 1 Milliarde Franken hinter dem deutschen Markt zurück. Stärker sind hier die naturnahen Marken mit einem Umsatz von mehr als 5 Milliarden Franken (neun Prozent) vertreten. Clean Beauty ist dabei ebenso ein grosses Thema wie Hanf (CBD). Zahllose Start-ups und Indie- Brands versuchen sich, mithilfe von Fremdkapital zu etablieren. Allerdings seien diese Firmengründungen oftmals nur von kurzer Dauer, bedauert Moritz Aebersold. Storytelling per Twitter mithilfe von Influencern und Video-Botschaften gehören in den USA als feste Grösse zum Business. Auf dem amerikanischen Kontinent ist Brasilien mit 7,5 Milliarden Franken Umsatz ein Schwergewicht bei naturnaher Kosmetik und durch die Unternehmen Natura und Boticario mit Abstand der absolute Weltmarktführer in diesem Segment. Ein Blick in den Fernen Osten wiederum zeigt, dass Südkorea zu den aufstrebenden Naturkosmetik-Märkten (rund 0,3 Milliarden Franken Umsatz) gehört. Hier besteht ähnlich wie in Japan und China aber ein sehr grosses Potenzial für Naturkosmetik – auch wenn derzeit naturnahe Kosmetik dort noch deutlich die Nase vorne hat.
Kreative Existenzgründer sorgen für Vielfalt
Das Allzeit-Hoch der Nachfrage für natürliche Kosmetik und Körperpflege hat die Naturkosmetik- Branche auch auf internationaler Ebene längst aus der Nische herausgeholt. Das Angebot wird immer vielfältiger und individueller – auch dank der Innovationsfreude und der Kreativität überraschend zahlreicher Start-ups. Sie versuchen, sich den Bedürfnissen der Konsumenten so weit wie möglich zu nähern. Dabei ist es wichtig, nicht nur dem Wunsch nach nachhaltigen Lösungen bei den pflegenden Inhaltsstoffen, sondern auch bei der Verpackung gerecht zu werden. Zudem verlangen viele Kunden neben natürlichen Rohstoffen auch Transparenz von den Herstellern, Fairness im Handel und ein hohes Mass an Umweltbewusstsein. Schafft es eine Marke dann auch noch, Authentizität zu leben und zu kommunizieren, steht dem Erfolg nicht mehr viel im Weg. E-Commerce bietet hierbei nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, um Fans für ein neues Produkt auf internationaler Ebene zu finden. Und gerade das gelingt jungen Marken und Start-ups besonders gut.
Autorin:
Karin Heinze arbeitet als Fachjournalistin für die Bio-Branche. Einer der Schwerpunkte ihrer Tätigkeit ist dabei das Thema Naturkosmetik. Sie schreibt für unterschiedliche Fachmedien, darunter auch KOSMETIK international, sowie im Internet für Be in Organic – BiO Reporter International.
Kontakt:
www.bio-reporter-international.net
Text: Karin Heinze
Fotos: stock.adobe.com (2), NürnburgMesse, Thomas Geiger (1)