FACE & BODY

Magische Tropfen

Konzentriert – was Seren und Ampullen leisten

Veröffentlicht am 14.11.2020

Wirkstoffe in konzentrierter Form sind ein Dauerbrenner. Aber welche sind wirklich gut und wozu eignen sie sich? Ist die Konzentration das ausschlaggebende Kriterium oder das "Transportmittel"? Und für welche Hautzustände sind Konzentrate besonders geeignet? All das erfahren Sie hier!

 

U m es vorauszuschicken: Ein entscheidender Vorteil von Wirkstoffkonzentraten ist ihre Variabilität bei der Behandlung im Institut. Sie lassen sich überall einbauen, sei es als Einzelanwendung, als Bestandteil einer Maske oder modular zusammen mit Basiskomponenten wie Cremes, Gels oder Lotionen – und auch mit Geräteanwendungen. Doch zunächst einmal zur Klärung der Be griffe. Das Wort Serum ist der medizinischen Terminologie entnommen und bezeichnet ursprünglich das Blutserum oder ein Impfserum. In der Kosmetik entspricht ein Serum einer Lösung, bestehend aus einem Extrakt oder einem meist einzelnen, vergleichsweise konzentrierten Wirkstoff. Serum ist daher das Synonym für ein Wirkstoffkonzentrat.

 

Praktisch portioniert

Ampullen sind eine verbreitete, preiswerte Möglichkeit, wie Wirkstoffkonzentrate alias Seren in den Handel gebracht werden können. Sie bestehen meist aus Glas oder unterschiedlichen Kunststoffen und sind für eine kurze, meist einmalige Verwendung konzipiert. Ihre in der Regel wässrigen Inhalte sind ohne Konservierungsstoffe im geschlossenen Zustand lange haltbar, vorausgesetzt, sie werden steril abgefüllt, was bei wärmeempfindlichen Wirkstoffen nicht immer der Fall ist. Ampullen eignen sich besonders für sauerstoffempfindliche Substanzen. Angebrochene sterile und nicht konservierte Produkte sind selbst bei ausreichender Kühlung innerhalb weniger Tage zu verbrauchen.

Eine andere Möglichkeit der Abfüllung sind Pipettenflaschen mit Milliliter-Graduierung. Da Wirkstoffkonzentrate häufig mit penetrationsverstärkenden Substanzen oder einem Carrier in Form von Liposomen (für wasserlös liche Wirkstoffe) oder Nanodispersionen (für fettlösliche oder schwerlösliche Wirkstoffe) ausgestattet sind, ist auch hier der Verzicht auf die durchweg potenziell allergenen Konservierungsstoffe sinnvoll. Denn diese gelangen zusammen mit den Wirkstoffen in die Haut und können bei intensiven Behandlungen zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Im Gegensatz zu Ampullen sind Pipettenflaschen nach Anbruch noch für eine längere Zeit zu gebrauchen.

 

Cosmeceuticals & Co.

Ampullen haftet immer noch eine gewisse Nähe zu medizinischen Behandlungen an. In der Tat findet man unter den Wirkstoffkonzentraten eine Reihe von Cosmeceuticals, eine Stoffgruppe, die – wie der Name schon andeutet – im Grenzbereich zur Pharmazie angesiedelt ist. Überhaupt wird gerne mit hoher Dosierung geworben, da Zahlenvergleiche ein schlagendes Argument sind. Die Klassiker in diesem Bereich sind nach wie vor die Antioxidanzien oder Radikalfänger, die dank Anti-Pollution und Detox weiter hoch im Kurs stehen. Vitamin-C-Ampullen sind so ein Beispiel. Ein Derivat des Vitamin C (INCI: Ascorbyl Phosphate) in liposomaler Form, also in einem penetrationsfördernden Carrier verpackt, zeigt, wie sich auch in niedriger Konzentration eine gute Wirkung erzielen lässt. Mit anderen Worten: Man muss auch bei Wirkstoffkonzentraten genau hinschauen, vor allem auf eine verlässliche Fachdokumentation.

Boswelliasäuren aus dem Harz der Weihrauchbäume sind u. a. entzündungshemmend und lassen sich vielseitig einsetzen

Boswelliasäuren aus dem Harz der Weihrauchbäume sind u. a. entzündungshemmend und lassen sich vielseitig einsetzen

Unter der Lupe

Voraussetzung für eine effektive Behandlung ist stets eine gute Hautdiagnose. Sie entscheidet über die einzusetzenden Seren sowie darüber, in welcher Form und zu welchem Ziel sie verwendet werden: pur und unverdünnt zwischen Hautreinigung und Maske, als Bestandteil einer Maske, in einer finalen Applikation oder vielleicht auch modular in der späteren Heimbehandlung. Letztere kann so realisiert werden, dass die Kundin Wirkstoffkonzentrat und Basiskomponente kauft und beides zu Hause mischt oder einzeln nacheinander aufträgt. Alternativ wird die Basiskomponente bereits im Institut angepasst und in Form einer individuellen Dienstleistung abgegeben und abgerechnet. Bei modularen („Baukastensystem“) Behandlungen sind die Konzentrationen naturgemäss geringer, da die Wirkstoffe durch die Basiskomponenten in einem Verhältnis von etwa 1 zu 10 verdünnt werden.

 

Apparative Hilfsmittel

Der Einsatz von Ultraschall (1 – 40 MHz), Iontophorese (mit negativ geladenen Extrakten und Säure-Anionen), Radio frequenzgeräten (nur monopolar), Mesoporation (gepulste elektrische Felder) und Medical Needling (0,5 – 3 mm Nadeln) zusammen mit Wirkstoffkonzen traten setzt die Beachtung der geräteseitigen und gesetzlichen Rahmenbedingungen voraus. Soweit es dabei um die Penetrationsverstärkung geht, sind Carrier wie Liposomen und Nanodispersionen nahezu gleichwertig, aber in der Praxis weniger spektakulär. Beim Ultraschall sind andere Effekte wie Anregung der Mikrozirkulation, Bindegewebsstraffung oder die Fettmobilisation (Cellulite) eher ausschlaggebend. Die Perforationen des Medical Needling dienen hauptsächlich dazu, Narbengewebe zu regenerieren, aber weniger dem Wirkstoffeintrag.

 

Konzentrate im Einsatz

Generell lassen sich die Behandlungsziele in Schutz, Regeneration, AntiAging, Teintpflege und Problemhaut unterteilen. Bei den Wirkstoffkonzentraten gestaltet sich die Einteilung schon schwieriger, da es darunter Spezialisten gibt, die sich eindeutig einem Ziel zuordnen lassen, andererseits aber viele über eine Multifunktionalität verfügen. Selbst Generalisten sind dabei, die für sehr viele Zwecke geeignet sind. Eine Rangfolge hinsichtlich Wirksamkeit lässt sich nicht aufstellen, da die individuelle Haut doch sehr unterschiedlich auf die einzelnen Komponenten reagiert. Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Die Haut schützen ...

Bei trockener Haut werden Glycerin und Glykol eingesetzt. Daneben kommen Wirkstoffkonzentrate auf der Basis von Aminosäuren des Natural Moisturizing Factor (NMF) zum Zug – inklusive Harnstoff als Moisturizer oder filmbildende Feuchthaltesubstanzen wie Hyaluronsäure und Algen-Extrakte. Auch Nanodispersionen zusammen mit eingekapselten Triglyceriden werden verwendet. Die Aminosäuren sind gleichzeitig natürliche Radikalfänger.

Ceramide, hydriertes und natives Phosphatidylcholin, das Linolsäure enthält, unterstützen die Hautbarriere. Natives Phosphatidylcholin ist nicht nur ein Substrat für die Bildung von Ceramid I, das die Hautelastizität grundlegend beeinflusst, sondern auch der Carrier für Liposomen und Nanodispersionen. Auf die häufig für den Schutz propagierten Antioxidanzien kann verzichtet werden, wenn der Aminosäurehaushalt und die Hautfeuchte in Ordnung sind. Auch spezielle Antipollution-Wirkstoffe erübrigen sich, wenn die Hautbarriere intakt ist. Eine Schutzfunktion hat auch CM-Glucan, das die Hautfeuchte stabilisiert und über eine leichte Erythem-hemmende Wirkung verfügt.

 

… und regenerieren

Von den Retinoiden, die u. a. Wachstumsfaktoren stimulieren, sind Vitamin A (Retinol) und seine Ester die häufigsten Wirkstoffe. Wirksamer Metabolit ist die Vitamin-A-Säure. Vitamine der B-Reihe, die unter anderem in Hefe-Extrakten enthalten sind, stimulieren Wachstumsfaktoren. Die wichtigsten sind Vitamin B3 (Niacinamid) und Provitamin B5 (D-Panthenol), das auch penetrationsverstärkende Eigenschaften hat. Unter den Mineralien sind Zinksalze (≤ 1 %) als Substrate für Oxidoreduktasen, u. a. für die Superoxiddismutase (SOD) wichtig. Essenzielle Fettsäuren – verpackt in Nanodispersionen – spielen ebenfalls eine grosse Rolle.

 

Behandlungsziel Anti-Aging

Auch hier werden Antioxidanzien durchweg zu hoch bewertet und dosiert. Man findet Vitamin C und Vitamin E sowie deren Ester, Glutathion, Coenzym Q10, Liponsäure und Polyphenole (OPC; aus Traubenkernextrakt) oder Resveratrol. Hyaluronsäure wird aufgrund ihrer oberflächlichen aufpolsternden Wirkung in vielen Varianten angeboten. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Bruchstück, das N-Acetyl-Glucosamin, das liposomal die Hautbarriere passieren und die endogene Hyaluronsäure-Synthese anregen kann.

Kollagen-Stimulanzien in Form verschiedener Peptide, Ascorbinsäure-Derivate und Kollagenase-Hemmer wie Boswelliasäuren haben zusammen mit effektivitätssteigernden Carriern ihre Aktualität nicht verloren. Zu den temporär faltenreduzierenden, Botox-ähnlich wirkenden Peptiden hat sich das Spilanthol der Parakresse als sehr effektive Alternative etabliert. Es gehört zur Gruppe der Capsaicinoide. Hautstraffende Extrakte für Augenbereich und Dekolleté sind z. B. Kigelia und Centella asiatica, grüner Tee, Koffein und Mäusedornextrakt. Zu den gefässstabilisierenden Wirkstoffen zählen Extrakte aus Schachtelhalm, Mäusedorn, Rosskastanie und Tranexamsäure (synthetisch). Um die Lipolyse und Mikrozirkulation zu stimulieren, eignen sich Koffein, grüner Tee und Isoflavonoide. Voraussetzung für die Cellulite-Behandlung sind ergänzende apparative Massnahmen. Isoflavonoide (Phytohormone) binden an Östrogen-Rezeptoren. Sie eignen sich für die atrophierte Haut der Meno- und Postmenopause. Fruchtsäuren in hoher Konzentration und mit niedrigem pH werden für chemische Peelings eingesetzt. Vorsicht: Bei häufiger Behandlung steigt die Inzidenz für Rosacea und periorale Dermatitis.

Um bei Couperose bzw. Rosacea die oberflächlichen Gefässe zu stärken, eignen sich z. B. Mäusedorn- und RosskastanienExtrakte. Azelainsäure wirkt antibakteriell

Um bei Couperose bzw. Rosacea die oberflächlichen Gefässe zu stärken, eignen sich z. B. Mäusedorn- und RosskastanienExtrakte. Azelainsäure wirkt antibakteriell

Den Teint pflegen

Antioxidanzien werden (präventiv) gegen Hyperpigmentierung eingesetzt. Liposomales Vitamin-C-Phosphat (≤ 1 %) hemmt effektiv die Pigmentierung bei Laser-Behandlungen. Zu dieser Gruppe gehören auch Arbutin mit chemisch gebundenem Hydrochinon und viele Polyphenole. Kojisäure und Süssholz-Extrakte (Glabridin-haltig) gelten als Tyrosinase-Hemmer. Tranexamsäure (≤ 2 %) stabilisiert oberflächliche Gefässe und hemmt die Melaninbildung. Zusammen mit Niacinamid wird sie gegen postinflammatorische Hyperpigmentierung (PIH) eingesetzt. Zu den AGE-Inhibitoren (AGE = Advanced Glycation Endproducts) sollen Kinetin (N-Furfuryladenin), Liponsäure, Resveratrol, Curcumin und Flavanoide zählen.

Konzentrierte Hilfe für Problemhaut

Hier einige Beispiele für problematische Hautzustände und Wirkstoffkonzentrate, mit denen sie sich behandeln lassen:

  • Barrierestörungen und atopische Haut: Nachtkerzenöl als Nanodispersion bei Delta­6­Desaturase­Enzymdefekten, Ceramide und Phosphatidylcholin (siehe Schutz), Aloe vera­Extrakte (trockene Haut)
  • Aufgesprungene Haut: adstringierende Hamamelis­ und Schachtelhalm­Extrakte, grüner Tee und Epigallocatechingallat (EGCG)
  • Irritierte Haut: Niacinamid, D­Panthenol, Aloe vera
  • Juckreizhemmende Stoffe: Harnstoff, Allantoin sowie weitere Amide langkettiger Fettsäuren und der Anthranilsäure
  • Akne: liposomale Azelainsäure bis 1 %, Boswelliasäuren (Proteasehemmer), Retinol, Niacinamid, natives liposomales Phosphat idylcholin, Salicylsäure (antimikrobiell), nanodisperse essenzielle Fettsäuren in Form von Kiwikernöl, Leinöl, Nachtkerzenöl und Hagebuttenkernöl, Zinksalze
  • Zu Entzündungen neigende Haut: essenzielle Fettsäuren (s. o.), D­Panthenol, Boswellia säuren, Aloe vera, ­Bisabolol (Kamille), Rosmarinsäure, Phosphatidylserin (Makrophagen­aktivierend)
  • Schuppenflechte: Sphingosin­1­phosphat (Hemmung der Keratinozyten­Proliferation), liposomale Fumarsäure, essenzielle Fettsäuren (s. o.)
  • Rosacea und periorale Dermatitis: Azelainsäure bis 1 %, Boswelliasäuren, Tranexam säure, Echinacea­ und Mäusedorn­Extrakte, Betulinsäure und essenzielle Fettsäuren
  • Schwangerschaftsstreifen: Nanodispersionen mit Vitamin E­Acetat und essenziellen Fettsäuren
  • Narben: Vitamine A, C und E; siehe auch Medical Needling
  • Antimikrobielle Stoffe: Azelainsäure, Salicylsäure, Rosmarinsäure, Betulinsäure
  • Medical Needling: AMP­Booster (z. B. Polyhexanid) zur Keimreduzierung; vorund nachher lamellare Vitamin­Präparate

 

 

Autor:

Dr. Hans Lautenschläger studierte Chemie und Physik. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die Entwicklung und Anwendung von kosmetischen sowie von dermatologischen Präparaten. Nebenbei schreibt er auch für Fachmagazine.

KONTAKT:

koko@dermaviduals.de

 

Text: Hans Lautenschläger 

Fotos: stock.adobe.com

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